Weilerbach

Lästerlicher Wortwitz und schnurrige Kommentare

Die Schublade muss erst noch erfunden werden, in die man Liederjan stecken kann. Dazu ist das Metier des fahrenden Dreigespanns aus dem Norden zu bizarr, zu verschiedenartig.
Nicht nur, dass Hanne Balzer, Jörg Ermisch und Michael Lempelius in fliegendem Wechsel mit einem Konglomerat erstaunlicher, ja teilweise abwegiger Instrumente hantieren und neben ordinären Tonwerkzeugen wie Cello, Mandoline, Saxophon, Akkordeon, Posaune und Tuba kunstfertig Ukulele, Bouzouki, Konzertina, Low-Whistle und Singende Säge traktieren. Sie spielen sich auch durch die unterschiedlichsten Liedgattungen, schnüren ein ergötzliches Bündel aus Folk, Chanson, Balladen und Moritätchen. Sie lästern wortwitzig, kommentieren schnurrig, kommunizieren untereinander vertraut despektierlich und mit ihrem Publikum charmant spöttisch.
Den poetischen Blumenstrauß, in dem sich so manches dornige Gestrüpp verbirgt, wird vom Trio mal artig überreicht, mal wird er einem hundsgemein um die Ohren gehauen. Und doch kann man Liederjan nicht böse sein. Dafür liegt zuviel Schmunzel- und Wohlfühlpotenzial in Musik, Gesang und Wort. Da können die ruhig mit der "Himmelsbar zum Happy End" über das Paradies lästern, das Publikum für den Lippeschen Kriegsruf "Hm-ta" missbrauchen oder aus der Frank-Sinatra-Schmolzette "My Way" respektlos die Fußballparodie "Mir tut das Bein weh" fabrizieren. Musik, Kabarett, Comedy? Wer weiß da zu unterscheiden. Die Mischung macht’s. Von allem und jedem etwas. Und das auf hohem Niveau. Und wenn die Troika sich hinter einem Spezialakkordeon "verbarrikadiert", um mit Barbiepuppen den Bänkelgesang "Des Schleusenwärters blindes Töchterlein" sozusagen als "Moritatort" visuell umzusetzen, dann bleibt kein Auge trocken.
Wo sich also erhabene Sangeskunst mit multiinstrumentaler Tüchtigkeit, lyrischen Sternschnuppen und kultiviertem Humor paart, da, ja, da geht man doch gerne hin.
Gemeinsam mit des Schleusenwärters blindem Töchterlein (von links): Michael Lempelius, Jörg Ermisch und Hanne Balzer.
Text/Foto: bm